Geschichte der Gemeinde

Weitreichende Vergangenheit – von der Steinzeit bis heute

Münsingens Geschichte reicht weit in die Vergangenheit zurück.

Schon vor Urzeiten besiedelt

Funde in der Gegend zeigen, dass bereits in der Steinzeit und später in der Bronzezeit sowie in der Früheisenzeit Menschen im Aaretal lebten. Besonders zur Zeit der Helvetier, einem keltischen Stamm, war die Gegend um Münsingen stark besiedelt (500–58 vor Christus).

Sensationelle Entdeckung von Keltengräbern

1906 ging bei der Kiesgrube südlich des Dorfes eine archäologische Ausgrabung zu Ende, die für die prähistorische Forschung Mitteleuropas von grösster Bedeutung war. Diesen hohen Stellenwert in der keltischen Archäologie nimmt das Fundgebiet Münsingen heute noch ein.

Keltische Dorfgemeinschaft vor 2’400 Jahren

Funde weisen darauf hin, dass vor etwa 2’400 Jahren eine keltische Dorfgemeinschaft in der Nähe von Münsingen lebte. Die Verstorbenen wurden südlich des Dorfes auf einer Geländeterrasse bestattet. Nach der Niederlage der Helvetier gegen Julius Cäsar in der Schlacht bei Bibracte (bei Autun im heutigen Frankreich), 58 vor Christus, kam die Gegend unter römische Herrschaft.
1941 kamen bei der Erweiterung der Tabakfabrik Kost & Co. (Gerbe-
graben 4), südlich der Kirche, Reste eines mit Mosaikböden und Wandmalereien ausgestatteten Bades aus dem 2. Jahrhundert zum Vorschein. Heute sind die Mosaike, nach fast 60 Jahren im Bernischen Historischen Museum, auf dem Firmengelände der USM in einem Schutzpavillon, öffentlich zugänglich.

 

Handwerk im Mittelalter

Im Mittelalter wurde im Grabental in Münsingen eine Mühle betrieben. Sie ist erstmals in einem Kaufbrief von 1377 erwähnt.
Eines der meist verbreiteten Gewerbe dieser Zeit war das Gerberhandwerk. In Münsingen befand sich die Gerbe zwischen der heutigen Käserei und der Kirche, am Übergang zum flachen Allmendland. 1913 ging der Betrieb ein. Das alte Gerbegebäude wurde renoviert und bleibt als Bau- und Kulturdenkmal erhalten.
Als Vorläufer der Ärzte kann man die Bader bezeichnen, welche nicht nur öffentliche Badestuben betrieben, sondern auch schröpften, Zähne zogen, Haare schnitten und als Wundärzte tätig waren. Die ersten erwähnten Badestuben befanden sich 1412 im Graben.
Neben den genannten gab es mehrere andere Handwerker, wie zum Beispiel Öler, Wagner, Tischler, Maurer, Glaser, Schlosser, Zimmerleute, Dachdecker, Schneider und Metzger.

Eigene Bank

Die handwerklichen und gewerblichen Betriebe, die sich in Münsingen und Umgebung seinerzeit entfaltet hatten, sowie die Landwirte benötigten für die Erledigung ihrer finanziellen Angelegenheiten ein der Eigenart der lokalen Wirtschaft angepasstes Geldinstitut. Auf Initiative der Handwerker und des Gewerbes entstand 1870 die Spar- und Leihkasse Münsingen.

Ein Blick in die Schulgeschichte

Das Jahr der Gründung der ersten Schule in der Kirchgemeinde Münsingen ist nicht genau nachweisbar. Wahrscheinlich wurde sie 1616 errichtet. Im Jahr 1867 forderten Gewerbetreibende eine bessere Schulbildung und verpflichteten sich auch zur Gründung einer Sekundarschule. 1879 entstand auf Initiative zweier Frauen die Gaumschule – der heutige Kindergarten.

Siedlungsentwicklung

Siedlungsgeographisch entwickelte sich Münsingen als Strassendorf entlang der Hauptverkehrsachse Bern–Thun, die schon immer ein wichtiger Etappenort zwischen Bern und Berner Oberland war. Rechtwinklig zu dieser Achse bildete sich ein zweiter Bebauungsast heraus. Dieser zog sich entlang des Grabenbachs ins Mühletal.
Mit dem Ausbau der Verkehrswege erlebte Münsingen einen wirtschaftlichen Aufschwung und wurde zu einem grossen Strassendorf.

Der Ortsteil Trimstein

Als frühestes bekanntes Dokument mit Erwähnung von Trimstein gilt eine 1148 erlassene päpstliche Bulle. Trimstein gehörte damals zum Kloster Rüeggisberg. Es bildet um 1400 ein eigenes «Twing» (Gerichtsbarkeit) im Besitz der Familie von Trimstein.

Ab 1423 gehörten Twing und Bann Eichi den Herren von Krauchtal (Thorberg). Flurnamen wie Eichi, Loo, Büel und Bachtele stammen aus der frühen alemannischen Besiedlung um 700 n. Chr. Das «Rüteli» deutet auf eine Waldrodung hin.
Für die Zeit von 1469 bis 1798 galt: Trimstein dient zwei Herren. Berner Patrizier einerseits und die Kirche anderseits hatten über 300 Jahre lang das Sagen im Dorf (ohne Eichi, das weiterhin zu Thorberg gehörte). Die Herrschaft in Worb ordnete die Nutzung von Grund und Boden und 1836 wurde Trimstein Teil der Einwohnergemeinde Rubigen. Die Schulgemeinde (ab 1971 «Viertelsgemeinde») Trimstein blieb aber bestehen – verantwortlich für die Schule, das Wegwesen und die Wehrdienste. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts empfanden die Trimsteiner den Finanzhaushalt innerhalb der Einwohnergemeinde Rubigen wegen der unterschiedlichen Steuersätze der Viertels-gemeinden zunehmend als unbefriedigend. Dies führte schliesslich zur Verselbständigung der drei bisherigen Viertels-gemeinden. 1990 wurde deshalb ein neues Gemeindehaus mit Post und Wohnungen im Horn gebaut. Am 1. Dezember 1992 fand die letzte Gemeinde-versammlung der alten Einwohnergemeinde Rubigen statt.
Bis 2012 ging Trimstein seinen Weg als selbständige Gemeinde und konnte 1998 das 850-jährige Bestehen des Dorfes feiern. Seit 2013
gehört Trimstein als Ortsteil zur Gemeinde Münsingen.

Name wahrscheinlich von den Alemannen

Der Name «Münsingen» stammt wahrscheinlich aus dem Alemannischen. Die Alemannen drangen zwischen dem 5. und dem 7. Jahrhundert
aus der Gegend Württembergs in das römische Hoheitsgebiet ein. Um das Jahr 1000 war Münsingen als hochburgundischer Königshof belegt.

Schildhauptpfahl im Gemeindewappen

Im 13. und 14. Jahrhundert unterstand die Herrschaft Münsingen den Rittern Senn, die den Grafen von Kyburg als Dienstherren dienten. Das heutige Gemeindewappen stammt von diesem Rittergeschlecht und zeigt in Rot einen silbernen Schildhauptpfahl.

Burg wird zum Schloss

1406 kam Münsingen zur Stadt Bern. Schultheiss Hans Franz Nägeli, der Eroberer der Waadt, liess 1550 die damalige Burg zum heute noch bestehenden Schloss umbauen.
Die Familie von Steiger (mit dem weissen Steinbock im Wappen)
besass Schloss Münsingen bis 1826. Heute ist im Schloss das Museum mit der Von-Steiger-Stube untergebracht. Sie erinnert mit wertvollen Dokumenten aus dem Familienarchiv an die einstigen Schlossherren. In historischem Ambiente geben sich regelmässig Brautpaare das Jawort.

Bauernkrieg und französische Besetzung

Grosse Ereignisse hinterliessen ihre Spuren in unserer Gemeinde. Sie war etwa vom Bauernkrieg stark betroffen. Aber auch die Besetzung durch die Franzosen nach der verlorenen Schlacht im Grauholz vom 5. März 1798, an der auch Bürger von Münsingen ihr Leben verloren hatten, machte dem Ort zu schaffen – wurde das Dorf doch von französischen Husaren belegt, ausgeplündert und angezündet. Es kam zum zweiten Dorfbrand innerhalb von zehn Jahren; bereits 1793 waren zahlreiche Häuser wegen Unachtsamkeit eines Handwerkers durch Feuer zerstört worden.

Die Regeneration

Die Volksversammlung der Reformer aus dem ganzen Kanton vom
10. Januar 1831 in Münsingen läutete schliesslich das Ende der patrizischen Regierung in Bern ein. Damit wurde der Weg frei für die Wahl eines Verfassungsrates. Die Verfassung von 1831 berücksichtigte die meisten Forderungen der Reformer wie die bessere Vertretung der Landschaft in der Legislative, die Gewaltentrennung und den Volks-
entscheid über die Verfassung.

 

Der Ortsteil Tägertschi

Seit 2017 gehört auch Tägertschi als Ortsteil zur Gemeinde Münsingen. Das bäuerlich geprägte Dorf wird 1273 als «Tegersche» erstmals urkundlich erwähnt. Der Name «Tegersche» wird auf das althochdeutsche «tegar-ask-ahi» – ein grosses Eschengehölz – zurückgeführt. Seit dem 14. Jahrhundert gehört Tägertschi zur Herrschaft Münsingen. Wie damals üblich, hatten die Bewohner den Herrschaftsherren Abgaben in Form von Lebensmitteln zu entrichten und Fronarbeit zu leisten. 1562 bewohnen acht Familien Tägertschi: sechs mit Namen Gäumann, zwei mit Namen Lüthi.
1798 wird in Tägertschi das erste Schulhaus gebaut. Während der
Regeneration und in der Folge der liberalen Staatsreform wird das erste bernische Gemeindegesetz erlassen: aus dem früheren Tägertschi-Viertel entstehen die eigenständigen Einwohner-gemeinden Tägertschi, Stalden, Niederhünigen und Häutligen. Aemligen gehört vorerst zu Stalden.
1864 wird die Bahnlinie Gümligen–Langnau mit der Station Tägertschi eröffnet. Damit wird die Region erschlossen. 1880 umfasst die Gemeinde 41 bewohnte Häuser, 233 bewohnte Räumlichkeiten, 59 Haushalte und 294 Seelen. Das zahlreichste Geschlecht sind die Gäumanns.
Seit 1923 gehört Aemligen zu Tägertschi. Die Gemeinde prosperiert und kann als Folge der Bautätigkeit neue Dorfbewohnerinnen und -bewohner begrüssen; die Gemeinde zählt rund 400 Einwohner. Per 1. Januar 2017 fusionieren Tägertschi und Münsingen.

Das Label «Energiestadt»

Schon seit den Achtzigerjahren betreibt Münsingen eine aktive Energiepolitik. Als erste Gemeinde im Kanton Bern hat Münsingen 1998 das Label Energiestadt erhalten. Das Label ist ein Leistungsausweis für Gemeinden, die eine nachhaltige kommunale Energiepolitik vorleben und umsetzen (www.energiestadt.ch). Dazu zählen beispielsweise die Förderung des öffentlichen Verkehrs, des Fuss- und Veloverkehrs, Projekte zur Nutzung der Sonnenenergie oder die Förderung der Energieeffizienz und des Einsatzes erneuerbarer Energien im Gebäudebereich.
Münsingen hat seine Vorbild- und Pionierrolle konsequent weiter-
verfolgt. Mehrfach war Münsingen Pilotgemeinde in Energieprojekten des Kantons Bern: bei der Realisierung der Zentralen Wärme-pumpenanlage Schlossmatt (Nahwärmeverbund), beim Abschluss des Berner Energieabkommens (energiepolitisches Massnahmen-programm), bei der Ausarbeitung des Richtplans Energie (Festlegung von Prioritätsgebieten für Energieträger innerhalb der Gemeinde) sowie der Energiebestimmungen im Baureglement. In der Folge hat Münsingen 2009, wiederum als erste Gemeinde im Kanton Bern, zum Energiestadt-Label die noch strengere, europäische Auszeichnung «european energy award GOLD» erreicht (www.european-energy-award.org).